Alex Hanimann

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Gianni Jetzer
Gianni Jetzer, Leiter der Kunsthalle St.Gallen, im Katalog: Birdwatching, 2004
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Vögel sind in der Kunst nicht einfach Tiere. Zahlreiche Künstler haben sie zum Thema ihrer Arbeit gemacht oder wie im Fall von Alex Hanimann zu deren Akteure. Frappierend ist dabei die anthropozentrische Sicht, die wir in ihrer Rezeption einnehmen. Nicht etwa als ein Stück Natur werden sie gesehen, sondern als psychologischen Stoff.

Es sind keine gewöhnlichen Käfige, die Hanimann in den Ausstellungsraum stellt. Sie haben daher auch nicht viel mit einem Ready-Made gemeinsam. Seine Volieren haben feste Wände und stellen viel Farbe zur Schau. Es sind zusammengesetzte, monochrome Felder, die stark an Malerei erinnern.

Der amerikanische Künstler Barnett Newman hat sich in seinem Frühwerk einst am Begriff des Sublimen gemessen. Newman forderte den Betrachter auf, sich in der Unermesslichkeit der Farbe zu verlieren wie ein Vogel im Himmelszelt. Bei Hanimann erinnern die riesigen Dimensionen der farbigen Käfigwände an die Leinwände des Amerikaners. Nur ist uns als Betrachter die freie Sicht durch Maschendraht verdeckt. Die Farbkanarien setzten bunte Akzente dahinter, ständig umher flatternd, und uns dabei die Konzentration raubend.

Die Voraussetzung für Kontemplation oder Zustände des Sublimen ist für die Vögel nichtsdestotrotz gegeben. Manchmal ertappt man einen gefiederten Kunstbetrachter wie er sinnierend in die farbige Ewigkeit eintaucht. Die eingängigsten kompositorischen Winkel bleiben dem menschlichen Betrachter gänzlich verwehrt – etwa der Blick in Richtung Längsachse, mit blauem Quadrat auf rotem Grund.

Wir beobachten die Vögel in doppelter Wahrnehmung, schauen ihnen beim Schauen zu und erkennen wie sie inmitten von Kunst leben, eingenistet wie Sammler in ihrem Salon. Beneidenswert ist die bedingungslose Hingabe der Tiere der Malerei gegenüber – diese erfolgte zugegebenermassen nicht ganz freiwillig. Für uns Beobachter äusserst angenehm ist die Position geschützten Schauens in sicherer Distanz und ohne Gefahr sich im Sublimen gänzlich zu verlieren – malerischer Genuss zweiten Grades sozusagen. In Verneinung von Barnett Newmans berühmter Frage „Who’s afraid of Red, Blue and Yellow?“ fürchten sich die Vögel vor Farbe zuletzt. Uns Beobachtern eröffnen sie als unvoreingenommene Kunstbetrachter so etwas wie ein rezeptiver Idealzustand, aus dem sich der Mensch schier ausgeschlossen fühlt.



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updated 2006-03-03
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